Karin Daum

  

smalltalk - ich mein ja nur

smalltalk 1.Version

smalltalk Ausstellungsansicht 1. Version

Hier stellt sich smalltalk selber vor:

"smalltalk" oder "ich mein ja nur" entstand im Rahmen der Gruppenausstellung "Fremd". In dieser Arbeit verbindet sich das Bildnerische mit Audio-Inhalten. Es ist eine Kombination von wissenschaftlichem Herangehen in Linguistik und Phonetik mit digitaler Komposition und Programmierung und Design und bildnerischem Gestalten.
Wie in meinem bildnerischen Werk, steht auch hier der moderne Mensch im Zentrum. Es geht um Sprache und Kommunikation beziehungsweise die Unfähigkeit dazu. Am Ende bleibt in "smalltalk" nur schreiende Sprachlosigkeit und das, weil anscheinend die Fähigkeit fehlt, richtig zuzuhören.
Auch durch die Fähigkeit zu sprechen unterscheidet sich der Mensch von fast allen anderen Tieren. Sprache ist eines unserer Werkzeuge, es vereinfacht effektiv die menschliche Interaktion. Sprache ist aber auch ein Mittel, die Position in der Gruppe zu definieren, und ein Mittel zur Dominanz und zum Ausüben von Macht, auch wenn das oft in subtilerer Weise geschieht, als es in "smalltalk" zu hören ist.
Die Pseudosprache, die in dieser Arbeit benutzt wird, passt gut zum Thema "Fremd", aber auch zu dem, was Smalltalk häufig ausmacht. Es geht nicht um das Verstehen des Anderen. Der Inhalt und auch der Gegenüber sind austauschbar. Wäre es nicht diese Person, so wäre es eine andere, mit der wir sprechen. Wäre es nicht dieses Thema, so wäre es ein anderes, über das wir sprechen. Es kommt nicht darauf an. Aber auch bei anderer verbaler Interaktion fehlt es häufig an der Fähigkeit, zuzuhören und auf den Anderen einzugehen. Es kommt zum Äussersten, es bleibt Sprachlosigkeit, Stille, Leere, oft nur aus einem Missverständnis.

Die Pseudosprache, die in dieser Arbeit benutzt wird, basiert auf dem Deutschen.
"tach napech rhänu uwe an?"
"wucht ilengefer frechun, acht strita ranerlalechs, grensub netederhel, pfutemechku, ticht utacht. stuch rechst adetegan, schwotte, ingehau reise esenech, stemmutevabege abe acht zwetzt adech."
Die Wörter entsprechen in Hinblick auf Verteilung der Anzahl der Silben, der Korrelation zwischen der Anzahl der Laute und der Anzahl der Silben, der Buchstabenhäufigkeit und der Häufigkeit von Buchstabenkombinationen denen von Wörtern der deutschen Sprache. Diese Wahrscheinlichkeiten hängen davon ab, welche Gesamtheit von Worten betrachtet wird. Sie ist für die gesprochene Sprache anders als wenn man die Wörter im Duden betrachtet. In der gesprochenen Sprache gibt es Wörter, die immer wieder vorkommen. Im Duden ist jedes Wort nur genau einmal enthalten. Um die genannten Wahrscheinlichkeiten zu bestimmen, wurden in dieser Arbeit Texte von Nachrichten und Reden untersucht, da diese der gesprochenen Sprache nahe kommen sollten. Auf Grundlage dieser Analysen werden dann die Wörter der Pseudosprache gebildet.
Keines der in "smalltalk" vorkommenden Worte ist so gesprochen worden, auch nicht die Worte der Satzfragmente, die aus deutschen Wörtern bestehen. Dieses gilt auch für die obige Audio-Einführung. Jedes Wort ist aus einzelnen Lauten synthetisiert worden. Nur diese Laute sind real und stammen von der Künstlerin. Alles, was in "smalltalk" zu hören ist, stammt in irgend einer Weise aus dem Mund der Künstlerin. Wenn es sich nicht um die realen Laute handelt, die zu Wörtern zusammengesetzt werden, dann wurden die Geräusche in ihre Frequenzbestandteile zerlegt, um Gesetzmäßigkeiten zu erhalten, die dann verändert werden können. Für die Extraktion der einzelnen Laute aus gesprochenen Texten und für die Frequenzzerlegung, also für alle Phonetikanalysen steht das Programm Praat als Werkzeug zur Verfügung. Auch die realen Laute, die für die Worte eines Satzes benutzt werden, werden modifiziert in Bezug auf Länge, Tonhöhe und Lautstärke, in dem Maße, wie es die Intonation des jeweiligen Satzes im Kontext erfordert. Für eine sinnvolle Intonation ist es erforderlich, die Laute zu standardisieren. Dieses betrifft besonders die Tonhöhe der Vokale und der Konsonanten l,m,n, also all die Laute, deren Tonhöhe durch die Stimmbänder und/ oder den Parametern des aus Mund und Nase bestehenden Resonanzvolumens (z.B. durch die Zungenstellung) beeinflusst werden können. Die Aufbereitung der Laute und Verfremdung der Geräusche sowie die Erstellung des Audio-Inhalts von smalltalk und der obigen Einführung wurde in Csound durchgeführt.
Ein kleiner Ausschnitt der Codierung des Dialogs in der obigen Einführung ist hier zu sehen (Bei ein paar wenigen Worten musste "geschummelt" werden):


Durch die Verwendung von Zufallszahlen ist "smalltalk" jedes Mal anders, wenn das Programm läuft. Eine beliebige Version findet sich hier:

Diese Vesion ist eine Stereo-Projektion einer 8-Kanal Raumklang-Version (5.1 Surround plus zwei Kanäle für die beiden zentralen Objekte).
Die gleiche Version von "smalltalk" in digitalem 5.1-Surround (entsprechend Dolby Digital®) kann hier und die unkomprimierte 8-Kanal-Version - 5.1 + 2 Kanäle - kann hier heruntergeladen werden.
Die Surroundversionen sind so gerechnet, dass sich der Zuhörer in der Mitte zwischen den Lautsprechern befindet. Dieses entspricht der zu erwartenden Position des Betrachters in einer Ausstellung. Die 8-Kanal-Version ist eine 5.1 Version plus zwei Kanäle fuer die beiden zentralen Objekte. Bei Verwendung einer 7.1 Anlage entsprechen diese beiden Kanäe SBL und SBR, die sich in dieser speziellen Konfiguration nahe am Zentrum links und rechts jeweils etwa 10% der Raumbreite vom Zentrum entfernt befinden sollten und ebenso etwa 10% der Raumtiefe in Richtung vorderen Lautsprecher (L-C-R) verschoben sein sollten.